„JOBSTARTER plus war die Initialzündung“

Am Anfang eines erfolgreichen Projekts steht der Aufbau eines Netzwerks. Am Ende soll die Projektarbeit möglichst nachhaltig Früchte tragen. Die Azubi-Akademie des Projekts „Digitaler Berufsstart“ ist hierfür ein gelungenes Beispiel.

Teilnehmende der Abschlussfeier 2023 der Azubi-Akademie stehen auf einer Dachterrasse
Abschlussfeier der Azubi-Akademie 2023: Ganz rechts: Kristan von Waldenfels, 8.v.rechts: Anne Browa © Copyright: Projektteam der VHS

Am 24. Mai 2023 fand die diesjährige Abschlussveranstaltung der Azubi-Akademie des Ausbildungsjahrs 2022/23 statt, die das JOBSTARTER plus-Projekt „Digitaler Berufsstart – Zukunftsorientierte Ausbildung in Hochfranken“ 2020 ins Leben gerufen hatte. Mit der Azubi-Akademie bieten kleine und mittlere Unternehmen aus der Region gemeinsam Workshops für ihre Auszubildenden an. Und zwar über die Laufzeit des Projekts (01.12.2019 bis 30.11.2022) hinaus.

Im Interview blickt Projektmitarbeiterin Anne Browa (VHS Hofer Land e.V.) auf die Anfänge der Azubi-Akademie zurück, die in den nächsten Jahren weitergeführt werden soll. Und sie freut sich über weitere Entwicklungen aus der Projektarbeit zur Förderung des Demokratieverständnis von Jugendlichen.

Frage: „Frau Browa, was war bei diesem zweiten Durchlauf der Azubi-Akademie ein Highlight der Abschlussveranstaltung?

Anne Browa: Bei der Abschlussfeier im Digitalen Gründerzentrum Einstein1 hat unter anderem Deutschlands jüngster Bürgermeister, Kristan von Waldenfels, einige Worte an die Auszubildenden gerichtet. Sein eigener Lebensweg war für die jungen Leute sicher spannend – mit 19 Jahren wurde er im bayerischen Lichtenberg zum Bürgermeister gewählt und konnte einige Projekte für die Region realisieren, an die viele nicht geglaubt hatten. Seine Botschaft war, dass die Auszubildenden sich auch bei Gegenwind nicht entmutigen lassen sollten, ihre Ideen umzusetzen. Insgesamt wurden 60 Auszubildende, 12 Unternehmen und die Referenten und Referentinnen der Azubi-Akademie an diesem Tag mit Zertifikaten für ihre Arbeit und ihr Engagement geehrt.

Wenn Sie auf die Anfänge zurückschauen: Wie kam es zur Idee der Azubi-Akademie?

Die grundlegende Idee unseres Projekts war es, die Ausbildung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) attraktiv zu gestalten. Wir haben in der Region große Unternehmen, die die jungen Leute mit verschiedenen, interessanten Angeboten umwerben, die mit der Ausbildung selbst zunächst nichts zu tun haben. Die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die wir im Projekt betreut haben, haben für solche Angebote weder die finanziellen noch personellen Ressourcen. Hier wollten wir mit der Azubi-Akademie eine Lösung schaffen.

Wie haben Sie das Programm zunächst gestartet?

Durch die JOBSTARTER plus-Projektarbeit bot sich die Gelegenheit, mehrere Unternehmen zusammenzuschließen, die Idee vorzustellen und diejenigen, die sich davon begeistern ließen, einzubinden. Weil wenig Budget zur Verfügung stand, sollte es kostenfreie Angebote geben. Aus den Unternehmen haben die jeweiligen Ausbildungsverantwortlichen Themen, die sie ohnehin für ihre eigenen Azubis angeboten hätten, als Workshops für alle aufbereitet. Insgesamt haben sich zwölf Unternehmen herauskristallisiert, die sich in der Azubi-Akademie einbringen wollten. Voraussetzung war, dass jeder ein Workshop-Thema einbringt – dann durfte er seine Auszubildenden auch zu den anderen Workshops schicken. Zusätzlich haben wir uns externe Partner gesucht, die kostenlos Kursthemen anboten, wenn wir eine Mindestteilnehmerzahl zusammenbringen konnten. Mit der Azubi-Akademie konnten wir das leisten.

Was waren und sind denn Workshop-Themen, die über die Azubi-Akademie angeboten werden?

Ein Unternehmen aus der Kommunikationsbranche bietet zum Beispiel regelmäßig Digitalisierungsthemen an, damit hat die Akademie auch gestartet. Zum Einstieg haben wir hier über die VHS auch Workshops zu Excel, Word oder Powerpoint angeboten, weil nicht alle Schulsysteme solche Themen anbieten, die in der Ausbildung notwendig sind.

Dann hat ein Logistikunternehmen in einem Workshop zur Lagerhaltung unterschiedliche Lagersysteme vorgestellt. Kaufmännische Auszubildende, für die solches Wissen ausbildungsrelevant ist, kommen trotzdem normalerweise damit nicht in Berührung. Themen externer Partner waren etwa ein Workshop zur gesunden Ernährung am Arbeitsplatz oder „Knigge für Auszubildende“.

Kürzlich hat ein Unternehmen aus der Modebranche das Thema Nachhaltigkeit vorgestellt. Auf deren Agenda standen Ökologie, ressourcenschonende Arbeit, Verpackungsmaterial und Rücksender. Das Thema Lieferketten betrifft alle Branchen. Auch wenn wir in unserem System nur kleine und mittlere Unternehmen erfassen, ist es gut, zusätzlich größere Unternehmen im Boot zu haben, weil sie Stabilität bei den Teilnehmerzahlen liefern und weitere gute Themen anbieten.

Wofür war die Förderung durch JOBSTARTER plus wichtig?

JOBSTARTER plus war die Initialzündung. Es ist ein großer Anfangsaufwand, ein Netzwerk aufzubauen. Die Förderung hat uns die Möglichkeit gegeben, die Unternehmen zu akquirieren und zusammenzubringen. Mein Arbeitsauftrag anfangs war, 120 Betriebe zu finden, die sich mit dem Projekt identifizieren. Das war zunächst das Wichtigste: Dieser Kraftaufwand im ersten halben Jahr, die Geschichte über das Projekt zu erzählen. Wir haben Gespräche in den Unternehmen geführt, die Bedarfe ermittelt und aus dieser Arbeit heraus ist ganz viel entstanden, das zielführend für das Projekt war.

Projektarbeit bringt, dass sich die Beteiligten Methoden überlegen, wie sie ein Ziel erreichen können. Es braucht dauerhaft attraktive Angebote, um mit der Zielgruppe in Kontakt zu bleiben. Wir wollten unsere Unternehmen zum einen auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt attraktiv präsentieren, zum anderen wollten wir die Azubi-Akademie außerhalb des Ausbildungsmarketings nutzen. Die Auszubildenden haben Themen für sich über ihren Tellerrand hinaus kennengelernt.

Durch diese anfängliche intensive Telefonarbeit und damit auch Öffentlichkeitsarbeit haben die Ziele des Projekts außerdem eine gute Reichweite erzielt. Und wir haben einen guten Mailverteiler zusammengestellt.

Wie ist es gelungen, die Azubi-Akademie nach dem Förderzeitraum weiterzuführen?

Wenn es gelingt, eine Routine zu entwickeln und die Akteure in der Region nachhaltig einzubinden, kann sich ein Angebot zum Selbstläufer entwickeln. Mit der Azubi-Akademie ist das gelungen. Eine Unternehmerin hat sich bereit erklärt, sich federführend aktiv einzubringen, so dass ich jetzt nur noch als Schnittstelle zu unserer Verwaltung agiere, die sich um Einladungen und Organisation kümmert. Es ist richtig gut, dass eine bekannte Stimme dabei ist, um die Stabilität und Zuverlässigkeit zu garantieren. Sie macht diese Arbeit ehrenamtlich, profitiert aber auch dadurch, dass sie sich mit dieser Tätigkeit einen guten Namen für ihr Unternehmen macht. Für die Planung der Themen und nächsten Workshops für 2024 treffen wir uns im September 2023. Und wenn Lücken entstehen, nutzen wir unsere Netzwerke.

Wenn Sie in die Zukunft blicken. Hat die Azubi-Akademie auf Dauer Bestand und welche Themen wird es zukünftig geben?

Die Azubi-Akademie hat auf jeden Fall weiter Bestand. Welche Themen es zukünftig geben wird, liegt daran, was die teilnehmenden Betriebe anbieten wollen und was sich aus dem Netzwerk heraus ergibt. Was sich bei mir als Steckenpferd entwickelt hat, ist das Thema „Demokratieverständnis entwickeln“. Hierfür habe ich eine Qualifikation und konnte zwei Workshops für Jugendliche im Alter von 16 bis 20 Jahren anbieten. Ich war beeindruckt, wie die Jugendlichen, die sich anfangs sehr provokativ äußerten, nach vier Stunden in der Lage waren, ihre Meinung, etwa zur Politik, mit fundierten Argumenten zu belegen. Diese Workshops sind meine Herzensangelegenheit – und aus dem JOBSTARTER plus-Projekt entstanden.

Eine weitere Entwicklung aus der JOBSTARTER plus-Projektarbeit waren die Planspieltage für Azubis. Was genau ist das und wie kam es dazu?

Die Planspieltage waren eine Aktion, die das Landratsamt für die Winterferien vorgesehen hatte. Es sollte um Digitalisierung gehen und darum, Vorschläge für das Projekt Smart Cities zu erarbeiten. Bei dem Meeting im Haus der VHS war ich mehr zufällig dabei. Meine Idee war, statt Jugendliche dazu zu bringen, in den Ferien früh aufzustehen, einen sinnvollen Workshop während der Arbeitszeit anzubieten, der für die Auszubildenden und die Unternehmen einen Mehrwert bringt. Diesen haben wir dann über den Mailverteiler der ausbildungsverantwortlichen Personen im Projekt bekannt gemacht.

Auch hierbei war der Hintergrund: Bietet euren Auszubildenden etwas Besonderes, ein Highlight. Und diese Planspieltage zum Thema „Digitalisierung im privaten, persönlichen Umfeld, in der Region und im Unternehmen“ waren ein Highlight. Der Kurs war ausgebucht. In anderthalb Tagen haben die Jugendlichen EU-Ziele 2030 in Rollenspielen durchgearbeitet und Vorschläge für das Projekt Smart Cities entwickelt; mit einem Escape-Room wurde der Kurs am Ende abgeschlossen.

Das war ein toller Erfolg mit wenig Aufwand. Aber der wenige Aufwand hat sich dadurch ergeben, dass wir in der JOBSTARTER plus-Projektzeit viel gearbeitet und die Interessen der Betriebe gesammelt haben. Wenn man dann etwas Passendes hat, kann man es entsprechend liefern. Ein echter Wert, der aus der Projektarbeit entstanden ist.

Was sind Ihrer Meinung nach die Stellschrauben für den nachhaltigen Erfolg?

Dass die VHS in diese Themen involviert ist und das Netzwerk aus etwa 200 Mailadressen bespielt, ist eine Voraussetzung dafür, dass es weitergeht. Wir haben das softwareseitig gut organisiert, so dass die Betriebe nicht sinnlos mit Informationen bespielt werden, sondern sich wirklich ihre Interessen widerspiegeln. Wenn man eine solche Mailliste nicht ständig aktualisiert und damit neue Dinge macht, würde sie schnell veralten. Und die Betriebe in der Region sehen, dass ihre Zusammenarbeit Nutzen für alle bringt.