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Zusammen bringen, was zusammen gehört

Iran - Deutschland

Majid Babai (24) musste seine Heimat und Familie verlassen. Vier Jahre dauerte seine Flucht aus dem Iran – über die Türkei, nach Griechenland, Italien, Frankreich, bis nach Deutschland. Im hessischen Gießen beginnt er schließlich ein neues Leben. Hier lernt er Deutsch und macht eine Ausbildung zum Elektroniker für Gebäudetechnik bei der Firma Walz.

„Das ist meine Zukunft“

Steckdosen anbringen, Sicherungen prüfen, Kabelkanäle bohren – das sind Majid Babais Aufgaben heute. Auf der Baustelle zeigt ihm der Baustellenleiter Alexander Wolf, wie man testet, ob der Strom fließt. Piept es, ist alles korrekt verkabelt. Majid Babai schaut konzentriert zu und merkt sich jeden Arbeitsschritt genau, dann macht er das Gezeigte nach. Jeder Handgriff sitzt. Am Ende ertönt der Piepton. Nun kann der 24-Jährige loslegen, Steckdose für Steckdose. Er ist motiviert, da die Arbeit ihm viel Spaß macht. „Ich lerne einen Beruf – und das ist meine Zukunft“, sagt er.

Freiheit

Dass Majid Babai in Gießen und im Job angekommen ist, spürt man sofort. Alexander Wolf erzählt, dass draußen vor den Neubauten die Azubis und Gesellen zusammen essen. Majid Babai ist in die Arbeitsabläufe und in die Gemeinschaft der Kollegen vollständig integriert. Mit der Ausbildung verdient er nicht nur sein eigenes Geld. Er kann auch neue Kontakte knüpfen und seine Sprachkenntnisse verbessern. Somit ist die Ausbildung für ihn ein wichtiger Schritt in eine neue Zukunft.

Textversion anzeigen „Ich bin zuerst nach Türkei, danach nach Griechenland, dann Italien, und Frankreich und danach bin ich hierher gekommen. Ich bin nach Deutschland gekommen, weil meine Meinung hier geht, ohne Bestrafung. Als erstes war für mich alles neu und ich fühlte mich sehr gut, wie neugeboren. Ich bin draußen spazieren gegangen und ich wollte alles gucken und sehen. Hier gibt es viele Möglichkeiten und Freiheit. Das mag ich.“

Ein neues Leben beginnt

Auch wenn er seine Familie und Freunde sehr vermisst, ist Majid Babai froh, nach seiner vierjährigen Flucht 2012 in Deutschland angekommen zu sein. „Ich habe eine Ausbildung und ein neues Leben angefangen“, erklärt Majid Babai. „Ich bin zufrieden hier.“ Majid Babai will bleiben – und seine Chancen dafür stehen sehr gut. Die Zeit der Ausbildung ist sicher. Und sofern er übernommen wird, kann er zwei weitere Jahre in Deutschland bleiben. Den Weg bis hierhin ist er aber nicht allein gegangen...

Majid hat alle überzeugt

Frühjahr 2015: Als Majid Babai im Deutschkurs sitzt, entdeckt er einen Flyer von der KAUSA Servicestelle Gießen. „Darauf stand: ‚Wir helfen dir, eine Ausbildung zu finden‘. Ich habe sofort dort angerufen“, erinnert sich der 24-Jährige. Er kommt zum Beratungstermin – mit einem Wunsch: Er will etwas mit Elektronik machen. Anastasia Müller und Bircan Urak von der KAUSA Servicestelle suchen mit Majid Babai nach einem passenden Ausbildungsplatz und sprechen Betriebe aus der Region für ihn an. Anastasia Müller erinnert sich an die Vermittlung:

Textversion anzeigen „Herr Babai hat uns telefonisch kontaktiert und wir haben einen Termin verabredet. Er hat dann gleich gesagt: „Ich würde gerne Elektroniker für Gebäudetechnik lernen.“ Und so hat die Kollegin verschiedene Firmen kontaktiert, unter anderem die Firma Walz bei einer Messe. Sie hat direkt mit Herrn Walz, mit dem Geschäftsführer, gesprochen und gesagt: „Ich habe da einen sehr motivierten jungen Mann. Er würde sehr gerne Elektroniker für Gebäudetechnik lernen.“ So wurde kurz darauf ein Vorstellungsgespräch verabredet und da war ich dabei und es ist sehr, sehr gut gelaufen. Und es war so, dass nach zwei Wochen Praktikum Herrn Babai sofort einen Ausbildungsvertrag bekommen und dann eine Ausbildung ab 1. September 2015 angefangen hat.“

Interview Haak

Interview Haak

Wille und Motivation

Wie Majid Babai hoffen Tausende Geflüchtete auf ein besseres Leben in Europa. Allein in Gießen wollen derzeit mehrere Tausend Geflüchtete in ein neues Leben starten. Eine Ausbildung zu machen und einen Beruf zu ergreifen ist dabei oft der entscheidende Schritt. Anastasia Müller unterstützt die jungen Menschen dabei. Wenn sie das erste Mal in die Beratung kommen, sprechen sie kaum Deutsch und kennen das deutsche Ausbildungssystem nicht, erzählt die Beraterin. Doch auch wenn die Hürden groß erscheinen – Anastasia Müller weiß, dass die jungen Geflüchteten auch enorm motiviert sind und lernen wollen:

Textversion anzeigen „Herr Babai hat uns telefonisch kontaktiert und wir haben einen Termin verabredet. Er hat dann gleich gesagt: „Ich würde gerne Elektroniker für Gebäudetechnik lernen.“ Und so hat die Kollegin verschiedene Firmen kontaktiert, unter anderem die Firma Walz bei einer Messe. Sie hat direkt mit Herrn Walz, mit dem Geschäftsführer, gesprochen und gesagt: „Ich habe da einen sehr motivierten jungen Mann. Er würde sehr gerne Elektroniker für Gebäudetechnik lernen.“ So wurde kurz darauf ein Vorstellungsgespräch verabredet und da war ich dabei und es ist sehr, sehr gut gelaufen. Und es war so, dass nach zwei Wochen Praktikum Herrn Babai sofort einen Ausbildungsvertrag bekommen und dann eine Ausbildung ab 1. September 2015 angefangen hat.“ „Wir haben festgestellt in unserer Beratung, dass viele Geflüchtete eine sehr große Motivation und einen sehr großen Willen haben eine Ausbildung zu machen. Und deshalb treten wir auch so an Unternehmen ran. Also wir sagen--: „Wir haben da wirklich einen sehr motivierten jungen Menschen, er will einen Beruf lernen.“ Und damit wir den Unternehmer von dem Jugendlichen überzeugen, also nicht nur im Vorstellungsgespräch, vereinbaren wir, dass ein Praktikum gemacht wird. Wir hatten bisher diesen Erfolg gehabt, dass, sobald die jungen Menschen ins Praktikum kamen, die Unternehmen von den jungen Menschen überzeugt waren. Die haben dann gesehen: Die jungen Menschen sind sehr motiviert und die wollen auch arbeiten. Dass der Auszubildende nicht zu spät kommt, dass er die Aufgaben erfüllt, dass er wirklich den Willen hat, was zu lernen. Sobald sie das sehen, sind sie sehr positiv überrascht. Und dann sagen sie: Gut, wir probieren es.“

„Ich will in Deutschland bleiben und in Deutschland arbeiten.“

„Wenn Majid so weitermacht, ist er im Familienbetrieb Firma Walz herzlich willkommen“, sagt Baustellenleiter Alexander Wolf. Überhaupt: Fachkräfte seien momentan sehr begehrt, so Wolf. Beste Chancen also für Majid, im Unternehmen zu bleiben und sich weiterzuentwickeln. Heute muss Majid Babai noch ein paar Steckdosen in der frisch gestrichenen Neubauwohnung installieren. Dann kann er Feierabend machen. Seine berufliche Zukunft hat jedoch, so wie es aussieht, gerade erst begonnen.

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