Durchgefallen? Durchgestartet!

Von der BWL-Studentin zur Personaldienstleistungskauffrau: Nach ihrer Exmatrikulation möchte Henrike Busch ihrem Studienschwerpunkt treu bleiben. Den passenden Ausbildungsberuf fand sie mit Hilfe des JOBSTARTER plus-Projektes „ask for change“. 

Bildungswege können sehr unterschiedlich sein und verlaufen selten gradlinig. Wie bei Henrike Busch. Sie hat es vom Realschulabschluss in mehreren Schritten bis an die Uni geschafft, beendete das BWL-Studium ohne Abschluss und macht jetzt eine Ausbildung als Personaldienstleistungskauffrau in Hamburg. Begleitet auf ihrem Weg vom Studium in die Ausbildung wurde Henrike Busch von Doreen Heydenbluth-Peters, Projektkoordinatorin des JOBSTARTER plus-Projektes „ask for change“ an der Hochschule Wismar. Im Interview erzählt Henrike Busch von ihrem Bildungsweg, von der Vermittlung durch JOBSTARTER plus und dass sie erkannt hat, dass eine Ausbildung einem Studium in nichts nachsteht.

Portrait Henrike Busch am Schreibtisch.
Henrike Busch an Ihrem Arbeitsplatz. Sie macht eine Ausbildung zur Personaldienstleistungskauffrau. © JOBSTARTER / Fotografin: Virginia Gerard

jobstarter.de: Liebe Frau Busch, können Sie uns kurz Ihren bisherigen Werdegang schildern?

Henrike Busch: „Ich bin Henrike Busch. Ich bin 27 und komme aus Soltau. Ich habe erst einmal meinen Realschulabschluss gemacht. Dann habe ich die „Einjährige Berufsfachschule Wirtschaft für Realschulabsolventen“ besucht, um einen erweiterten Realschulabschluss zu bekommen. Durch den erweiterten Realschulabschluss habe ich dann gedacht, dass ich auch noch das Abitur machen könnte und habe mich dann auch dazu entschieden. Und ich hatte mir fest vorgenommen, wenn ich mein Abitur schaffe, gehe ich auf jeden Fall studieren. Also habe ich nach meinem Abi angefangen zu studieren. BWL.“

jobstarter.de: Wie kam es zu Ihrer Exmatrikulation?

Henrike Busch: „Ich habe das Studium am Anfang auf die leichte Schulter genommen. Auf die zu leichte Schulter. Dadurch haben sich ein paar Klausuren aufgeschoben. Ich musste dann noch eine Klausur schreiben, durch die ich schon zweimal durchgefallen war. Ich habe meinen Drittversuch mit der Perspektive Ich schaff‘ das! gestartet. Ich habe mich auch gut vorbereitet gefühlt – bis ich die Klausur gesehen habe. Danach wusste ich schon, dass ich es wahrscheinlich nicht geschafft habe. Dann wird man bei uns exmatrikuliert. Das Studium ist auf sieben Semester ausgelegt. Ich hatte schon zwei Semester dran gehängt und bin dann durchgefallen. Das ist eine Menge Zeit, die verschenkt wurde. Ich musste mich fangen. Das war nicht so einfach. Dann musste ich mich nach Alternativen umgucken.“

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jobstarter.de: Wieso haben Sie sich dann für eine Ausbildung entschieden?

Henrike Busch: „Mir war klar: Ein zweites Studium fange ich jetzt nicht an. Das habe für mich ausgeschlossen. Wieder keine Praxis zu haben, weil ich während des Praktikums gemerkt habe, dass mir Arbeiten viel mehr Spaß macht als vor den Büchern zu hängen und zu lernen. Mir fehlte im Studium auch der Praxisbezug. Ich habe erst überlegt als Quereinsteigerin loszulegen. Davon wurde mir aber abgeraten. Ohne Ausbildung steht man auf dem Arbeitsmarkt wirklich schlecht da. Es wird vorausgesetzt, dass man eine hat. Und da war klar: Erst einmal eine Ausbildung.“

jobstarter.de: Wodurch sind Sie auf das JOBSTARTER plus-Projekt „ask for change“ aufmerksam geworden?

Henrike Busch: „Freunde, die für die ASK (Akademischer Service für Karrierefragen, Anm. d. Red.) in Wismar gearbeitet haben, haben mir gesagt, dass es dort ein Studienabbrecher-Programm gibt, um die Ex-Studierenden aufzufangen und gegebenenfalls in neue Jobs zu vermitteln. Oder ihnen bei der Ausbildungssuche zu helfen. Daher habe ich mich an Frau Heydenbluth-Peters gewandt. Sie meinte: „Bringen Sie Ihre Bewerbungsunterlagen mit.“ Und wir haben uns die Unterlagen gemeinsam angesehen. Sie hat Verbesserungsvorschläge gegeben, hat nachgefragt wo und ob ich mich schon beworben habe und was ich jetzt machen will. Frau Heydenbluth-Peters hat gesagt, sie kümmert sich, telefoniert, lässt Kontakte spielen. Das Gespräch war auch aufbauend: Dass das Leben nicht vorbei ist, sondern es andere Wege, andere Möglichkeiten und dass es nicht nur das Studium gibt. Das hat weitergeholfen.“

jobstarter.de:Wie erfolgte die Vermittlung in die Ausbildung?

Henrike Busch: „Frau Heydenbluth-Peters und ich waren im engen Kontakt per Mail. Ich habe ihr gesagt, wo ich mich beworben habe und dass ich den Beruf Personaldienstleistungskauffrau machen möchte. Wir haben Telefonate geführt, E-Mails geschrieben. Sie hat auf ihren Kontakt zu Herrn Ehbrecht und Frau Buggenhagen von der RegioVision GmbH in Schwerin hingewiesen, mit dem sie eng zusammenarbeitet. Die beiden haben über meine Bewerbung geguckt. Und dann hat mich Herr Ehbrecht an Home of Jobs weitervermittelt. Meine Bewerbung mit dem Studienabbruch wurde hier nicht als Makel empfunden. Man hat mehr Lebenserfahrung, geht anders an Situationen im Job heran, kann sich anders präsentieren, selbstbewusster darstellen als mit 18.“

jobstarter.de: Welche Tätigkeiten gehören zu Ihrer Ausbildung?

Henrike Busch: „Ich mache jetzt eine Ausbildung als Personaldienstleistungskauffrau. Ich mache Vertrieb, sichte Bewerbungen, führe Bewerbungsgespräche, habe Kundenkontakt, setze Aufträge, mache alles querbeet. Am Beruf der Personaldienstleistungskauffrau gefallen mir der Kontakt zu Menschen und die Vielseitigkeit. Personalarbeit macht mir Spaß, liegt mir, vielleicht habe ich das auch im Blut. Die Ausbildung will ich auf jeden Fall gut abschließen. Mein Ehrgeiz ist geweckt. Danach würde ich gerne hier erst einmal noch weiter arbeiten.“

jobstarter.de:Wie lange werden Sie Ihre Ausbildung absolvieren?

Henrike Busch: „Meine Ausbildung ist jetzt auf drei Jahre ausgelegt. Man kann Anträge stellen, dass Sachen aus dem Studium angerechnet werden. Das war aber nicht mein vorrangiges Ziel. Ich bin mir aber mit meinem Ausbilderunternehmen einig, die Ausbildung so kurz wie möglich zu halten. Es hängt natürlich von den Noten in der Berufsschule ab. Ich habe jetzt einen Vertrag über drei Jahre. Aber es ist möglich, das Ganze auf zwei oder zweieinhalb Jahre zu verkürzen.“

jobstarter.de: Was sind Ihre beruflichen Ziele für die Zeit nach der Ausbildung?

Henrike Busch: „Eine Ausbildung ist nicht schlechter als ein Studium. Man hat eigentlich die gleichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Der eine hat die Theorie und der andere die Praxis. Viele kommen auch mit Ausbildungen weiter. Auf die Ausbildung lassen sich ein Betriebswirt, weitere Fortbildungen oder andere Qualifikationen aufsatteln. Was ich danach noch mache, ob ich zum Beispiel den Personalwirt draufsetze – das weiß ich jetzt noch nicht. Erst einmal die Ausbildung absolvieren.“

Interview und Fotos: Virginia Gerard

veröffentlicht: November 2015