„Metall und Mehr“: Ein Allrounder für Cloppenburg

Von der Kundenberatung bis zum Schweißerschein: Mit der Zusatzqualifikation „Servicetechniker Metall“ erwirbt Gereon Altrogge ein Plus an Know-how. Davon profitiert nicht nur der Auszubildende zum Feinwerkmechaniker, sondern auch sein Arbeitgeber.

Ausbildung attraktiver machen – mit Zusatzqualifikationen

Gereon Altrogge absolviert während der Ausbildung die Zusatzqualifikation (ZQ) „Servicetechniker Metall“. Im Video erklärt der angehende Feinwerkmechaniker, warum er sich für die ZQ entschieden hat.

Mit 600 Unterrichtsstunden ist sie eine der umfangreichsten Zusatzqualifikationen, die derzeit in Deutschland angeboten wird: die Ausbildung zum Servicetechniker bzw. zur Servicetechnikerin Metall. Gereon Altrogge ist einer von 23 Auszubildenden aus dem Landkreis Cloppenburg, die an dieser Zusatzqualifikation teilnehmen. Die Kreishandwerkschaft Cloppenburg hat die Zusatzqualifikation im Rahmen des JOBSTARTER-Projekts „Metall und Mehr“ entwickelt und erprobt sie derzeit in der Praxis.

Seit September besucht Gereon Altrogge zweimal wöchentlich den Unterricht – zusätzlich zu seiner Ausbildung zum Feinwerkmechaniker bei der Metallverarbeitungsfirma Kurre. Dienstags nach Feierabend und samstags lernt er dabei unter anderem Schweißen und Montieren. Aber auch Recht und Kundenbetreuung stehen auf dem Unterrichtsplan. Denn der Servicetechniker Metall soll möglichst umfassend ausgebildet sein, um später zum Beispiel Vorarbeitertätigkeiten übernehmen zu können. „Als Servicetechniker muss ich ein Allrounder sein. Ich muss alles können“, erklärt Stefan Plaggenborg, Geschäftsführer bei Kurre.

Insgesamt 15 Betriebe haben gemeinsam mit dem JOBSTARTER-Projekt „Metall und Mehr“ die Inhalte für die Zusatzqualifikation erarbeitet, damit alle für die Praxis relevanten Aspekte berücksichtigt werden. Für sie liegen die Vorteile der Zusatzqualifikation auf der Hand: Betriebe machen sich für leistungsstarke Jugendliche interessant und binden diese ans Unternehmen. Jugendliche profitieren, weil sich die Zusatzqualifikation auf Teil I und Teil II der Meisterprüfung anrechnen lässt und ihnen vielseitige Karriereperspektiven eröffnet.

Erfahren Sie mehr über die Vorteile der Zusatzqualifikationen und deren Inhalte im Interview mit Jens Rigterink, dem Projektkoordinator des JOBSTARTER-Projekts „Metall und Mehr“.

„Wir wollen die Zusatzqualifikation bundesweit etablieren“ – Interview mit Jens Rigterink

jobstarter.de: Welches Ziel verfolgen Sie mit dem JOBSTARTER-Projekt „Metall und Mehr“?

Rigterink: Wer im Metallbereich seine Gesellenausbildung beendet, hat als Aufstiegsfortbildung nur den Meister vor sich. Diesen Schritt gehen viele. So steigt zwar die Zahl der Meisteranmeldungen in den Meisterkursen, aber nicht unbedingt die Qualität. Daher war es unsere Idee, eine Zwischenstufe zwischen dem Gesellen und dem Meister einzubauen: den Servicetechniker Metall.

jobstarter.de: An wen richtet sich die Zusatzqualifikation und welche Kompetenzen werden zusätzlich zur Ausbildung erlernt?

Rigterink: Der Servicetechniker Metall ist für Feinwerkmechaniker und Metallbauer gedacht, aber auch für den Industriesektor und alle Bereiche, die mit Metall zu tun haben. Der Servicetechniker Metall soll später derjenige sein, der Kunden berät, der Mitarbeiter und Kollegen führt und der neue, innovative Produkte innerhalb und außerhalb des Unternehmens vorstellt. Er soll ein Allrounder sein. Dafür benötigt er mehr Kenntnisse, als er als Geselle gelernt hat, auch auf kommunikativer Ebene. Wie gehe ich mit Kunden um? Wie kann ich überhaupt kommunizieren? Wie kann ich ganz schnell ein Angebot erstellen? Wir sprechen außerdem ganz gezielt die Leistungsstarken an. Denn das sind diejenigen, die sich frühzeitig Gedanken über ihre berufliche Weiterentwicklung machen.

jobstarter.de: Wieso sollten Betriebe die Zusatzqualifikation unterstützen?

Rigterink: Der Betrieb hat tatsächlich einen ganz reellen Vorteil: Durch Zusatzqualifikationen werden Betriebe auch für leistungsstarke Jugendliche interessant. Das ist für die Betriebe wichtig, um sich zukünftige Führungskräfte sozusagen „heranzuziehen“. Auszubildende, die eine Zusatzqualifikation machen, wandern in der Regel nicht sofort ab, zum Beispiel zur Meisterschule. Viele bleiben den Betrieben langfristig erhalten, da sie im Betriebe Karriereperspektiven sehen.

jobstarter.de: 600 Unterrichtsstunden neben der regulären Ausbildung – das ist eine große Herausforderung. Wie überzeugen und motivieren Sie die Jugendlichen?

Rigterink: Allein die Anerkennung auf den Meistertitel ist für viele eine hohe Motivation – aber auch, dass sie zum Beispiel Qualifizierungen wie die Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten oder den Schweißerschein, den sie sonst niemals oder nur mit sehr viel Geld bekommen hätten, erhalten. Das Interesse der Jugendlichen ist daher sehr groß. Im Augenblick haben wir 23 Auszubildende in der Qualifizierung. Jeden Dienstagabend und jeden Samstag investierten sie. Befragungen unter den Jugendlichen haben ergeben, dass die Jugendlichen das zwar als Belastung empfinden, jedoch als positive. Sie fühlen sich zum Beispiel nicht in ihrem Privatleben eingeschränkt.

jobstarter.de: Die Zusatzqualifikation wird momentan im Rahmen des JOBSTARTER-Projekts „Metall und Mehr“ erprobt. Wie kann es danach weitergehen?

Rigterink: Die Zusatzqualifikation wird im Sommer 2016 enden. Im Herbst 2016 wollen wir dann den neuen Kurs anbieten. Dadurch, dass wir das Projekt immer bekannter machen, indem wir es zum Beispiel in anderen Handwerkskammern und in anderen Institutionen vorstellen, ist eine große Nachfrage entstanden. Wir im Landkreis Cloppenburg wollen die Region werden, in der der Servicetechniker Metall seinen Ursprung hatte. Im JOBSTARTER-Projekt ist es vorgesehen, dass die Zusatzqualifikation nur Auszubildende absolvieren. Später wollen wir sie für alle offen halten, sowohl für den guten Auszubildenden als auch für den Gesellen. Und wir wollen die Zusatzqualifikation bundesweit etablieren. Daher sprechen wir mit allen Institutionen, mit dem Bundesverband Metall, dem Landesverband Metall, den Handwerkskammern und den Berufsschulen. Dazu brauchen wir diese Institutionen, auch den Zentralverband des deutschen Handwerks, mit an Bord.

jobstarter.de: Danke für das Interview.

Ein Beitrag von Virginia Gerard.

veröffentlicht: April 2015