Ein Blick hinter die Kulissen: JOBSTARTER plus-Umfrage als Ausbildungsprojekt

Mit einer zweiten Umfrage untersucht JOBSTARTER plus die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Ausbildung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Daran stark beteiligt war auch der Auszubildende Konstantin Wodowos. Im gemeinsamen Interview mit seinen Ausbilderinnen Anja Baustian und Julia Bansen gibt er einen Einblick, wie die Arbeit ablief – und wie sich die Pandemie auch auf seine Ausbildung ausgewirkt hat.

Ein Mann steht am linken Bildrand an einem Bildschirm und erklärt ein Tortendiagramm einer sitzenden Frau
Konstantin Wodowos und Anja Baustian bei der Arbeit an der Umfrage © spx consult GmbH

Die drei Berliner JOBSTARTER plus-Projekte „Endlich ausbilden – Unterstützung für KKU, „Schule-Betriebe interaktiv“ und „ToP Start – Mit Talent im Praktikum zur Ausbildung“ entwickelten im vergangenen Jahr eine Umfrage zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Ausbildung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). In Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und dem JOBSTARTER-Regionalbüro Ost (Gesellschaft zur Förderung von Bildungsforschung und Qualifizierung mbH/GEBIFO) wurde die Befragung auf das gesamte Bundesgebiet ausgedehnt, letztlich flossen die Antworten von insgesamt 844 KMU in die Auswertung ein. Inzwischen stehen die Ergebnisse der zweiten Auflage der Umfrage, bei der erneut das BIBB, das JOBSTARTER-Regionalbüro Ost sowie die drei Berliner Projekte kooperierten, kurz vor der Veröffentlichung.

Stark miteingebunden war dabei Konstantin Wodowos, der seine Ausbildung zum Fachangestellten für Markt- und Sozialforschung (FAMS) bei der spx consult GmbH, der durchführenden Institution von „ToP Start“, während der Coronazeit begann. Anhand der Umfrage „Rettungsgasse (bilden) für Praktikums- und Ausbildungsbetriebe“ lernte Konstantin Wodowos grundlegende Inhalte seines Berufs kennen. Begleitet wurde er dabei von seiner betrieblichen Ausbilderin Anja Baustian sowie Julia Bansen vom Regionalbüro Ost, selbst Fachangestellte für Markt- und Sozialforschung. Die Zusammenarbeit ist dabei selbst ein Beispiel, welche Auswirkungen die Pandemie ganz konkret auf eine Ausbildung haben kann – denn zu dritt hat sich das Team noch nie persönlich getroffen.

jobstarter.de: „Warum gibt es nun eine zweite Auflage der Umfrage zur Corona-Pandemie?“

Anja Baustian: „Wir dachten letztes Jahr ganz ahnungslos, im Dezember ist alles vorbei – irgendwann mussten wir schmerzlich feststellen, dass dem natürlich nicht so ist. Wir wollten mit der zweiten Auflage beleuchten, was sich verändert hat: Hat sich die Einstellung der Unternehmen zur Ausbildung verändert? Gibt es neue Bedarfe, die wir vielleicht gar nicht sehen? Das hat uns angespornt.“

 

jobstarter.de: „Wie kam es dazu, dass Sie Herrn Wodowos so stark in die Umfrage miteinbezogen haben?“

Julia Bansen: „Wir bei GEBIFO bilden seit fast 15 Jahren, also solange es den Ausbildungsberuf überhaupt gibt, zum/zur FAMS aus. Und wir brennen für den Beruf. Wir haben uns gemeinsam mit 'Top Start' gedacht: Wenn sie einen Auszubildenden in dem Bereich haben, der auch schon inhaltlich eingestiegen ist, dann wäre es das perfekte Ausbildungsprojekt. Wir arbeiten gerne mit Ausbildungsprojekten, dabei binden wir die Azubis von Anfang bis Ende ein. Das schult das selbständige Handeln und Verantwortungsbewusstsein. Die Azubis sehen: Wozu wird das gemacht? Wen betrifft das überhaupt? Zudem sind wir bei GEBIFO auch Verbundausbildungsbetrieb und wollen unser Know-How gern weitergeben.“

Anja Baustian: „Recherchieren, Umfragen erstellen, Ergebnisse präsentieren: Das sind für einen Fachangestellten für Markt- und Sozialforschung die Hauptinhalte seines Berufs. Deshalb war für uns ganz klar, dass wir Herrn Wodowos dazunehmen. Auch, wenn es bedeutet, dass der Prozess länger dauert. Aber zum Glück hatten wir das BIBB an Bord – wenn wir auf Verständnis bezüglich Ausbildungsprozesse treffen, dann dort. Ein weiterer Vorteil für unseren Azubi war, dass er gleich das Umfrage Tool 'Lime Survey' kennenlernen durfte, das Tool, mit dem später auch in der Berufsschule gearbeitet wird. So hatten wir gleich eine Verbindung zwischen schulischer und beruflicher Komponente.“

 

jobstarter.de: „Wie haben Sie sich denn die Arbeit aufgeteilt?“

Portrait einer Frau
Julia Bansen © GEBIFO

Julia Bansen: „Wir haben die erste Umfrage über unser Umfragetool 'Lime Survey' durchgeführt. Deshalb habe ich das Einpflegen der Daten und den technischen Teil begleitet und stand Herrn Wodowos in diesem Bereich mit Rat und Tat zur Seite – und das alles online. Herr Wodowos und ich haben uns in der ganzen Zeit nicht einmal getroffen – obwohl wir alle in Berlin arbeiten.“

Anja Baustian: Die Vermittlung von Inhalten, wenn man nicht zusammensitzen kann, sondern digital zusammenarbeitet, ist schon ein Extra-Aufwand. Aber für den Mehraufwand haben wir uns im Unternehmen gerne Zeit genommen, denn wir verstehen Ausbildung als gemeinschaftliches Projekt. Das selbständige Lernen ist natürlich Teil der Ausbildung, aber das musste durch Corona schneller vorangehen, als uns lieb war.“

Julia Bansen: „Einarbeitungsprozesse sind während der Pandemie noch viel schwieriger. Es ist natürlich wichtig, den Kontakt zu den Auszubildenden zu halten. Auch, wenn man sich nicht sieht und jeder von uns in der Situation mit eigenen Herausforderungen zu tun hat.“

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"Die größte Herausforderung war die Kommunikation"

Konstantin Wodowos, Auszubildender

 

jobstarter.de: „Herr Wodowos, es geht in der Umfrage um Ausbildung in der Coronazeit. Wie erleben Sie denn Ihre Ausbildung in der Krise?“

Konstantin Wodowos: „Ich habe ja keinen Vergleich. Ich weiß ja nicht, wie eine Ausbildung ohne Corona ist. Schulisch hatte es aber keine negativen Konsequenzen, da fehlen mir keine Inhalte. Generell war die Kommunikation die größte Herausforderung, ich saß – coronabedingt –  schon sehr viel alleine im Büro. Am Anfang hätte ich alle fünf Minuten telefonieren und nachfragen müssen – das habe ich natürlich nicht gemacht. Letztendlich habe ich mir einiges selbst beigebracht, beispielsweise durch Tutorials. Wichtige Fragen habe ich gesammelt und dann auf einmal geklärt.“

Julia Bansen: „Wenn Herr Wodowos mehrere Fragen hatte, dann haben wir uns per Videochat zusammengeschlossen und er konnte seine Fragen stellen. Wir haben in diesem Rahmen aber auch andere Themen besprechen können. Sich dafür die Zeit nehmen, ist auch sehr wichtig.“

Anja Baustian: „Herr Wodowos ist unser einziger Auszubildender, deshalb konnte er sich natürlich auch mit niemandem austauschen. Es war für uns alle eine neue Situation. Natürlich war es deshalb auch sehr spannend, diese Umfrage zu machen und zu sehen, wie andere Unternehmen in Pandemiezeiten mit dem Thema Ausbildung umgehen.“

 

jobstarter.de: „Herr Wodowos, wie lange waren Sie denn mit dem Ausbildungsprojekt beschäftigt und was haben Sie konkret gemacht?“

Konstantin Wodowos: „Wir arbeiten jetzt seit etwa acht Monaten daran. Ich habe zunächst zugearbeitet. Ab dem Moment, als die Fragen fertig waren, war ich besonders bei der Umfrageerstellung beteiligt, habe die Fragen eingepflegt. Als die Umfrage anfing, habe ich dann mit Frau Bansen jeweils den aktuellen Stand der Auswertungen an die anderen Regionalbüros und das BIBB geschickt. Bei so einer Aufgabe ist es sehr wichtig, jedem Empfänger nur die Daten zuzuschicken, die ihn auch betreffen. Dabei musste ich extrem aufmerksam sein, um niemandem falsche Statistiken und Auswertungen zuschicken. Als nächsten Schritt geht es an die Auswertung und Interpretation der Umfrageergebnisse, die ich wieder unterstützen und begleiten kann."

Julia Bansen: „Für Herrn Wodowos war es eine super Chance: Er hat innerhalb seines ersten Lehrjahrs schon an einem echten Projekt für einen wirklichen Auftraggeber mitgearbeitet. An etwas, was auch veröffentlicht wird. Er hat Verantwortung, wird aber auch dabei begleitet: Diese Chance haben nicht viele Azubis zu dem frühen Zeitpunkt der Ausbildung. Das hilft ihm sicher, wenn er später einmal alleine Projekte durchführen muss. Es ging natürlich darum, wie man Umfragen erstellt und Fragen formuliert – aber auch darum, wie man im Team kommuniziert und virtuell zusammenarbeitet.“

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"Man sieht schon, dass die Schwerpunkte der JOBSTARTER-Förderrunden wie Digitalisierung oder Ausbildungs- und Berufemarketing immer noch die wichtigsten Themen für die Unternehmen sind."

Julia Bansen, Mitarbeiterin im JOBSTARTER-Regionalbüro Ost

 

jobstarter.de: „Herr Wodowos, haben Sie sich Ihre Arbeit so vorgestellt, als Sie Ihre Ausbildung aufgenommen haben?“

Konstantin Wodowos: „Ich habe mich natürlich erkundigt, was die Inhalte der Ausbildung sind. Aber letztlich wusste ich nicht ganz genau, was auf mich zukommt – vor allem dann mit der Corona-Situation. Das Ausbildungsprojekt hat aber wirklich gepasst. Da ich gut angeleitet wurde, konnte ich die gestellten Aufgaben erfolgreich umsetzen. Ich habe mich gefreut, Verantwortung zu übernehmen. Das ist für mich persönlich auch ein ganz wichtiger Punkt. Daraus habe ich viel Motivation gezogen, weil es etwas war, wo wirklich etwas dahintersteckte.“

jobstarter.de: „Warum haben Sie sich für diesen Ausbildungsberuf entschieden?“

Konstantin Wodowos: „Ich bin jemand, der gerne Sachen herausfindet. Ich hinterfrage oft das Verhalten von Menschen. Warum verhalten sich Menschen so, wie sie sich verhalten? Warum sind Menschen so, wie sie sind? Wie kann ich eine Fragestellung erarbeiten, dass man so etwas herausfindet? Deswegen ist dieser Ausbildungsberuf sehr treffend gewesen.“

jobstarter.de: „Kommen wir noch einmal konkret auf die Umfrage zurück. Können Sie uns denn schon einen Vorgeschmack auf die Ergebnisse geben?“

Anja Baustian: „Es haben sich einige unserer Vermutungen bestätigt: Die Ausbildungsbereitschaft bei den Unternehmen ist wieder gestiegen. Viele stehen aber vor der Herausforderung, dass sie Auszubildende finden müssen. Es geht wieder viel in die Richtung: Wo sind die jungen Menschen? Daher gaben 58 Prozent der befragten Unternehmen an, Unterstützung bei der Suche nach Auszubildenden zu benötigen.“

Julia Bansen: „Ich würde das bestätigen. Man sieht schon, dass die Schwerpunkte der JOBSTARTER-Förderrunden wie Digitalisierung oder Ausbildungs- und Berufemarketing immer noch die wichtigsten Themen für die Unternehmen sind. Gleichzeitig sehen viele aber noch nicht die Chancen, die die Digitalisierung bietet. Der Unterstützungsbedarf der Unternehmen ist sicherlich nicht geringer geworden. Ein Drittel der Betriebe hat bei der Umfrage seine Daten angegeben mit der Bitte, kontaktiert zu werden. Das ist für eine Online-Befragung schon ungewöhnlich hoch.“

Anja Baustian: „Die Kontaktaufnahme durch JOBSTARTER plus-Projekte haben wir auch schon in die Wege geleitet. Nichts ist schlimmer, als seine Kontaktdaten anzugeben – und dann monatelang zu warten, dass jemand sich meldet.“

Das Interview führte Dominik Kortus