Herausforderungen und Unterstützungsbedarf: Ergebnisse der zweiten JOBSTARTER plus-Umfrage

Zum zweiten Mal hat JOBSTARTER plus kleine und mittlere Unternehmen zum Thema Ausbildung während der Corona-Pandemie befragt. Insgesamt 437 Betriebe beteiligten sich daran und erklärten unter anderem, wo sie die größten Herausforderungen sehen.

Eine Frau mit Maske, Bauhelm und Warnweste schaut in einer Werkhalle direkt in die Kamera
© Shutterstock / M2020

Steigender Unterstützungsbedarf, große Herausforderungen – aber fast keine Ausbildungsabbrüche und eine größtenteils positive Stimmungslage: Dies sind die wichtigsten Ergebnisse der zweiten JOBSTARTER plus-Umfrage zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Ausbildung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Von Juni bis Oktober 2021 beantworteten insgesamt 437 Betriebe die nichtrepräsentative Online-Befragung. „Der Einfluss der Pandemie ist in diesen Daten klar zu erkennen. Durch die Befragung konnten wir ein aktuelles Bild zur Ausbildung in KMU erhalten. Die Befragung zeigt, dass KMU dringend eine verstärkte externe Unterstützung des gesamten Ausbildungsprozesses benötigen“, betont Dr. Daniel König, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB).

Große Herausforderungen bei Azubisuche

Denn die Ergebnisse haben in eine eindeutige Tendenz: Der Unterstützungsbedarf zu allen Themen rund um die Ausbildung in den Betrieben ist im Verlauf der Pandemie angestiegen. 140 Unternehmen – also fast ein Drittel – äußerten den Wunsch nach direkter Unterstützung durch ein JOBSTARTER plus-Projekt und gaben deshalb ihre Kontaktdaten an. In der ersten JOBSTARTER plus-Umfrage im Jahr 2020 hatte nur jeder fünfte Betrieb diesen Wunsch artikuliert.

Hintergrund

2020 hatten insgesamt 844 Betriebe an einer ersten JOBSTARTER plus-Befragung teilgenommen. Die Ergebnisse zeigten damals ein verhältnismäßig positives Bild der Situation in den Unternehmen und der zukünftigen Ausbildungsbereitschaft. Die erneute JOBSTARTER plus-Umfrage hatte das Ziel, ein aktuelles Stimmungsbild zu erheben und mögliche Veränderungen zu identifizieren. Initiiert wurden die Befragungen von den drei Berliner JOBSTARTER plus-Projekten „Endlich ausbilden – Unterstützung für KKU“, „Schule-Betriebe interaktiv“ und „ToP Start – Mit Talent im Praktikum zur Ausbildung“. Neben dem BIBB war zudem das JOBSTARTER-Regionalbüro Ost maßgeblich an der Umsetzung beteiligt.

Allerdings ist die Stimmungslage auch nach fast zwei Jahren Pandemie bei den befragten Betrieben größtenteils positiv. Knapp drei Viertel der Betriebe beschreiben ihre wirtschaftliche und personelle Situation als gut (64%) oder als sehr gut (9%). Im restlichen Viertel der Betriebe ist die Einschätzung der Situation weniger gut (23%) oder gar nicht gut (3%).

Dennoch sehen die Unternehmen ganz klare Herausforderungen beim Thema Ausbildung: Vor allem die Suche nach Auszubildenden steht bei über der Hälfte der Betriebe (59%) aktuell ganz oben auf der Liste. Dahinter nennt fast ein Viertel die Durchführung von Praktika (27%).

Grafik Herausforderungen KMU
© JOBSTARTER plus

Dies zeigt, dass Betriebe verstärkte Unterstützung beim Ausbildungsmarketing und Matching benötigen. In diesen Feldern bestand bereits vor der Pandemie ein hoher Bedarf in KMU, der durch die Entwicklungen der letzten beiden Jahre weiter gestiegen ist.

Nicht überraschend antworteten dann auch mehr als die Hälfte (53%) der teilnehmenden Betriebe auf eine weitere Frage, dass sie ganz konkret Unterstützung bei der Akquise von Auszubildenden (53%) benötigen. Diesen Wunsch hatten im vergangenen Jahr „nur“ 33 Prozent geäußert.

Ausbildungsbereitschaft weiter hoch

Die gleiche Tendenz zeigt sich beim Unterstützungsbedarf zum Ausbildungsmarketing. Im vergangenen Jahr haben 14 Prozent der befragten Betriebe den Wunsch nach Hilfe beim Ausbildungsmarketing artikuliert, in diesem Jahr hat sich der Anteil mehr als verdoppelt (34%). Ebenso wünschen sich die Betriebe verstärkte Hilfeleistungen zu finanziellen Unterstützung der Ausbildung.

Die Ausbildungsbereitschaft in den befragten Betrieben ist allgemein hoch und ist im Vergleich zu 2020 sogar leicht gestiegen. Im vergangenen Jahr haben 72 Prozent angegeben, dass neue Auszubildende eingestellt werden sollen, in diesem Jahr planen 77 Prozent der Betriebe, zukünftig neue Ausbildungsverhältnisse abzuschließen. Um passende Auszubildende zu finden, gehen immer mehr Betriebe auch neue Wege und nutzen beispielsweise verstärkt Soziale Medien.

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„Wir würden sogar sehr gerne ausbilden, die Auftragslage im Handwerk ist bestens. Wegen der ausgefallenen Berufsorientierung – sowohl in der Schule als auch in Form der Praktika – haben wir keine einzige Bewerbung vorliegen. Und das, obwohl wir auf allen konventionellen Kanälen und auch über Social Media werben.“

Kommentar eines Ausbildungsverantwortlichen

Die wichtigsten Rekrutierungsplattformen bleiben aber die Stellenbörse der Bundesagentur für Arbeit und die eigene Webseite. Eine sehr hohe Bedeutung für Personalentscheidungen haben zudem noch immer persönliche Weiterempfehlungen. Mittlerweile suchen aber auch 37 Prozent der Betriebe über Social-Media-Kanäle, Online-Stellenbörsen oder im Rahmen von Online-Messen nach Auszubildenden. Es ist daher davon auszugehen, dass die Bedeutung diese digitalen Marketing- und Rekrutierungskanäle in Zukunft weiter steigen wird.

Situation von Auszubildenden in der Pandemie

Bei einem Blick auf den Alltag der Auszubildenden in den Betrieben spiegelt sich deutlich der Verlauf der Pandemie wider. Bei 83 Prozent der Auszubildenden wird die Ausbildung größtenteils wieder regulär im Betrieb durchgeführt. In der ersten Phase der Pandemie war dies nur in 68 Prozent der Betriebe möglich. Der Anteil der Auszubildenden, die ihre Ausbildung vor allem im Homeoffice absolvieren, ist jedoch ebenfalls angestiegen. Im vergangenen Jahr waren zehn Prozent der Auszubildenden permanent oder gelegentlich im Homeoffice, 2021 sind dies rund ein Viertel.

Positiv ist die Erkenntnis, dass bei den befragten Betrieben bisher offenbar nahezu keine Ausbildungsverhältnisse aufgelöst wurden. Nur ein Prozent der Betriebe kündigte Auszubildenden aufgrund der Pandemie. Allerdings hat sich die Sorge vor Ausbildungsabbrüchen im Laufe der Pandemie erhöht. Im vergangenen Jahr haben drei Prozent der Betriebe Ausbildungsabbrüche befürchtet, nach einem weiteren Pandemiejahr sind dies acht Prozent. Um diese Abbrüche möglichst präventiv zu verhindern, wünschen 48% der Betriebe externe Unterstützung für ihre Auszubildenden.

Zusammensetzung der Stichprobe

Von den 437 teilnehmenden Betrieben zählen 85% zu kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). 13% der beantworteten Fragebögen stammen von Betrieben mit mehr als 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. 65% der befragten Unternehmen sind Klein- und Kleinstunternehmen (KKU) mit weniger als 50 Mitarbeitenden. Von diesen Betrieben zählen 28% zu den Kleinstunternehmen (weniger als zehn Mitarbeitende). Der größte Anteil der vollständig beantworteten Fragebögen kam aus dem Handwerk (29%), gefolgt von Betrieben der Baubranche (12%) sowie aus Industrie und aus dem (7%) Handel.

Nicht nur der Ausbildungsalltag in den Betrieben ist durch die Pandemie beeinflusst, sondern auch das Lernen in den Berufsschulen. Auch wenn 2021 wieder deutlich mehr Präsenzunterricht stattgefunden hat, wurden 58 Prozent der Auszubildenden im Homeschooling unterrichtet. Für 67 Prozent der Auszubildenden wechselte der Unterricht zwischen Präsenz und Online. Die Antworten der Betriebe deuten zudem darauf hin, dass die Digitalisierung in den Berufsschulen im Vergleich zum vergangenen Jahr weiter fortgeschritten ist. Mittlerweile werden bei 77 Prozent der Auszubildenden Inhalte auch über Online-Unterricht oder Webinare vermittelt.

Fazit

Generell zeigt sich, dass der Wunsch der Betriebe, auch zukünftig in die Ausbildung der eigenen Fach- und Führungskräfte zu investieren, ungebrochen ist. Um passende neue Auszubildende zu finden und zu einem erfolgreichen Abschluss ihrer Ausbildung zu führen, suchen die Betriebe aber verstärkt Unterstützung. Der Wunsch nach einer externen Unterstützung in allen Phasen der betrieblichen Ausbildung wird immer häufiger und lauter geäußert. Vom Ausbildungsmarketing, über Rekrutierung und Matching bis zum Abschluss einer möglichst konfliktfreien Ausbildung sollte daher die gezielte externe Unterstützung des gesamten Ausbildungsprozesses weiter ausgebaut werden.

 Von Dr. Daniel König und Dominik Kortus