Junge Geflüchtete für die duale Berufsausbildung gewinnen
Eine Arbeitshilfe für das Beratungspersonal mit Ideen aus der Projektpraxis
Junge Geflüchtete haben fast ihr ganzes Leben noch vor sich. Wer zum Thema duale Ausbildung berät, kann einem jungen Menschen den vielleicht entscheidenden Anstoß für seine (Arbeits-)Biographie geben. Dafür sind mindestens drei Aspekte unverzichtbar: Motivation. Information. Unterstützung.
Doch so leicht, wie die zentralen Themen umrissen sind, so schwer fällt bisweilen die Umsetzung: Was kann/soll ich nicht mehr schulpflichtigen Geflüchteten sagen und welche Informationen sind vielleicht nicht ganz so wichtig? Auf welche Weise kann ich am besten informieren und nachhaltig überzeugen? Wie unterstütze ich potenzielle Auszubildende optimal?
All diese Fragen haben sich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der KAUSA Servicestellen in den letzten Jahren immer wieder gestellt. Aus der Beratungspraxis heraus haben sie eigene Antworten gefunden und in den Facharbeitskreis „Erstinformation und Sensibilisierung nicht mehr schulpflichtiger Geflüchteter über Möglichkeiten und Perspektiven der dualen Ausbildung“ eingebracht.
Diese Arbeitshilfe basiert auf den Empfehlungen des Facharbeitskreises und präsentiert die wichtigsten Erkenntnisse der KAUSA Servicestellen in Bonn, Gießen, Hagen und Hamburg. Sie wendet sich an Beraterinnen und Berater in ganz Deutschland und will sie bei ihrer Arbeit unterstützen. Dazu kombiniert sie die wichtigsten Themen mit Illustrationen und vielfach erprobten Veranstaltungsformaten – für eine optimale Motivation, Information und Unterstützung junger Geflüchteter.
Inhaltsverzeichnis
Kapitel
Motivieren: Vorteile der dualen Ausbildung
- Warum Motivation wichtig ist – die Ausgangssituation
Wie Sie junge Geflüchtete motivieren können
Informieren: Darstellung des dualen Ausbildungssystems
- Warum Information wichtig ist – die Ausgangssituation
Wie Sie junge Geflüchtete über die duale Ausbildung informieren können
Unterstützen: Wege in die Ausbildung
- Warum Unterstützung wichtig ist – die Ausgangssituation
Wie Sie junge Geflüchtete bei ihrer Entscheidungsfindung unterstützen können
Motivieren: Vorteile der dualen Ausbildung
Warum Motivation wichtig ist – die Ausgangssituation
Wer einen Ausbildungsplatz finden und eine Ausbildung erfolgreich abschließen will, braucht ein grundlegendes Verständnis des dualen Ausbildungssystems, einen Überblick über die Wege in Ausbildung – und die richtige Motivation. Um aber überhaupt motivieren zu können, muss man sich mit der Ausgangslage junger Geflüchteter vertraut machen: Diese befinden sich in einer emotional schwierigen Lage, in die in jeweils unterschiedlichem Maße Frust, Sorge um die Zukunft, Unsicherheit, Erwartungsdruck und Vorurteile gegenüber dualer Ausbildung hineinspielen. Folgende Einzelfaktoren können eine Rolle spielen:
- Unzureichende Kenntnis der dualen Ausbildung:
Jungen Menschen, die nicht in Deutschland aufgewachsen und sozialisiert sind, ist das System der dualen Ausbildung oft unbekannt. Vertraut sind vielen eine schulische Bildung ohne Unternehmensanbindung oder aber ein Studium. Der Stellenwert eines akademischen Abschlusses ist in vielen Ländern sehr hoch.
- Geldverdienen steht im Vordergrund:
Die Erfahrung zeigt, dass potenziellen Auszubildenden das kurzfristige Geldverdienen teilweise attraktiver erscheint als langfristige finanzielle Aussichten. Auf jungen Geflüchteten lastet oft ein zusätzlicher familiärer Druck, möglichst schnell Geld in das Herkunftsland überweisen zu müssen.
- Vorherrschendes „training on the job“:
Handwerkliche, technische und kaufmännische Tätigkeiten sind in vielen Ländern nur schwach an formale Qualifikationen gebunden, stattdessen dominiert das „training on the job“.
- Bedeutung informeller Netzwerke:
In vielen Ländern weltweit sind informelle Netzwerke für den Zugang zum Arbeitsmarkt relevanter als formale Abschlüsse.
- Fehlende Nachweise:
Kompetenzen, die im Herkunftsland oft im familiären Umfeld gesammelt wurden, gehen bei der Kompetenzfeststellung unter, da keine Nachweise vorliegen.
- Nicht anschlussfähige Kompetenzen:
Mitgebrachte Kompetenzen sind z. T. für die berufliche Bildung nicht anschlussfähig, z. B. weil die Berufsbilder aus dem Herkunftsland in Deutschland nicht vorhanden oder überholt sind.
- Angst vor Rückkehr:
Ein Teil der jungen Geflüchteten hat Angst, bereits bald in seinen Herkunftsstaat zurückkehren zu müssen.
Aus diesen Gründen kommt der persönlichen Motivation der Geflüchteten eine besondere Bedeutung zu. Bedenken Sie, wie viel Motivation es braucht, um einen Sprach- und Integrationskurs erfolgreich abzuschließen, sich für eine Ausbildung zu empfehlen und diese zwei oder drei Jahre durchzuhalten.
Präsentieren Sie deshalb die duale Ausbildung als Weg aus dieser Situation – indem Sie die damit verbundenen Zukunftschancen und vielfältigen Möglichkeiten hervorheben. Wie die Ansprache junger Geflüchteter erfahrungsgemäß besonders gut gelingt, erfahren Sie im folgenden Praxisbeispiel.
Wie Sie junge Geflüchtete motivieren können
Die duale Berufsausbildung bietet eine ganze Reihe von Vorteilen und Möglichkeiten. Dazu gehören
- ausgezeichnete Aufstiegschancen,
- eine hohe finanzielle Attraktivität,
- gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt,
- ein hoher gesellschaftlicher Status,
- die internationale Anerkennung,
- die Vielfalt attraktiver Berufe und
- die Verbesserung des Aufenthaltsstatus.
Diese Vorteile sollten Sie in der Beratung deutlich herausstellen, am besten durch Veranschaulichungen unterstützt.
Gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt
In vielen Unternehmen werden zuverlässige und motivierte Auszubildende gesucht. Oftmals besteht über die Ausbildung hinaus eine weitere Beschäftigungsmöglichkeit, da viele Unternehmen eigene Fachkräfte ausbilden. Das gibt Sicherheit für die Zukunft. Mit dem Abschluss der Ausbildung erwirbt man aber auch einen Berufsabschluss, der bundesweit anerkannt wird. Das erleichtert die Suche nach Beschäftigung überall in Deutschland.
Auch eine volkswirtschaftliche Entwicklung spielt künftigen Auszubildenden in die Karten: Deutschland drohen in den nächsten 20 Jahren vermehrt Fachkräfteengpässe bis hin zum Fachkräftemangel. 24 Millionen Arbeitskräfte verlassen aus Altersgründen den Arbeitsmarkt, und nur 15 Millionen treten ein.
Schon heute werden zum Beispiel Fachkräfte aus den Berufsgruppen Kältetechnik, Altenpflege, Mechatronik, Hörgeräteakustik und Bauelektrik in fast allen Bundesländern händeringend gesucht. Fachkräfte werden also zunehmend begehrter.
Auf Basis ihrer Fachkräfteengpassanalyse hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) festgestellt, welche Berufe Fachkräfte ohne deutsche Staatsbürgerschaft unter bestimmten Voraussetzungen in Deutschland ausüben können. Die „Positivliste – Zuwanderung in Ausbildungsberufe“ finden Sie auf der Website der Arbeitsagentur (PDF, 633kB, Datei ist nicht barrierefrei).
Ausgezeichnete Aufstiegschancen
Eine duale Ausbildung bietet hervorragende Aufstiegschancen und legt so den Grundstein für vielfältige Karriereoptionen. Die wichtigsten Argumente dafür sind:
- Schulabschluss erwerben:
Während der Ausbildung können Auszubildende den nächsthöheren Schulabschluss erwerben, indem sie in der Berufsschule die dafür notwendigen Fächer belegen. Damit können sie in einzelnen Fällen auch ein fachspezifisches Studium an die Ausbildung anschließen.
- Weiterbildungsmöglichkeiten während der Ausbildung:
Bereits während der Ausbildung gibt es zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten. Hierbei kann es sich um eine interne oder auch externe Weiterbildung handeln.
- Weiterbildungsmöglichkeiten nach der Ausbildung:
Im Anschluss an eine Ausbildung gibt es viele Möglichkeiten, sich weiterzubilden. So kann man nach dem Abschluss der dualen Ausbildung z. B. den Fachwirt oder Meister machen oder auch ein Studium an einer Fachhochschule anstreben.
- Chance auf Selbstständigkeit:
Eine fachliche Berufsausbildung erhöht auch die Chancen auf eine erfolgreiche Selbstständigkeit. Im Handwerk gibt es die Möglichkeit der Meisterausbildung.
- Späteres Studium:
Wer eine Ausbildung absolviert hat, kann später immer noch studieren – und tut sich in manchem Bereich vielleicht sogar etwas leichter, da viel Wissen und Know-how aus der Ausbildungszeit ins Studium mitgebracht wird.
- Mögliche Karrierewege:
Ein häufig genutzter Karriereweg ist der Aufstieg innerhalb eines Unternehmens, z.B.: Mitarbeiter/-in, Projektleiter/-in, Abteilungsleiter/-in, Ausbilder/-in, Geschäftsführer/-in.
Gute Gehaltsentwicklung – hohe finanzielle Sicherheit
Es gibt viele Gründe, warum sich eine duale Ausbildung lohnt. Einer der zentralen Gründe ist finanzieller Art: Geflüchtete erhalten nicht nur während der Ausbildung eine Ausbildungsvergütung, sondern können nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung mit einem Einstiegsgehalt und somit (vorerst) finanzieller Absicherung rechnen. Dieses für die Motivation zentrale und vorausschauende Argument gilt es, im Bewusstsein potenzieller Auszubildender zu verankern. Belege hierfür sind z.B.:
- Ausbildungsvergütung:
Bereits während der Ausbildung erhält der Auszubildende eine – je nach Berufsbild unterschiedlich hohe – Ausbildungsvergütung, die mit jedem Ausbildungsjahr steigt.
- Beihilfe:
Da viele der jungen Geflüchteten nicht mehr in ihren Elternhäusern leben, besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, zusätzlich zum Ausbildungsgehalt eine „Berufsausbildungsbeihilfe“ zu beantragen.
- Einstiegsgehälter:
Nach Beendigung einer Ausbildung sind die Einstiegsgehälter in der Regel höher als die eines ungelernten Hilfsarbeiters.
- Steigende Gehälter:
Unterschiedliche Karrierewege (s. o.) eröffnen die Chance auf langfristig deutlich steigende Gehälter.
Gesellschaftliche Anerkennung
Viele junge Geflüchtete möchten erfahrungsgemäß möglichst schnell auf eigenen Beinen stehen. Eine Ausbildung unterstützt die Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und sich zu integrieren. Dies steigert bereits das eigene Selbstwertgefühl. Auch genießen z. B. Handwerker/-innen im Freundeskreis ein hohes Ansehen, da sie praktische Fähigkeiten mitbringen, mit denen sie Menschen helfen können. Die Ausbildung ist dabei wie eine persönliche Visitenkarte.
Eine Ausbildung hat noch einen verstärkenden Effekt: Sie schützt vor Arbeitslosigkeit, sichert Einkommen, bietet Aufstiegschancen und vermittelt theoretisches sowie praktisches Wissen für einen Beruf. Aus diesen Gründen erhält man nach dem Abschluss den Status als Fachexpertin bzw. Fachexperte und genießt entsprechendes Ansehen. Hinzu kommt: Eine Ausbildung ist eine Investition in die Zukunft, denn ein Abschluss bleibt ein Leben lang bestehen.
Hohe Qualität der Ausbildung
Die duale Berufsausbildung basiert auf einem ausgefeilten Regelwerk. Dieses umfasst z. B. die deutschlandweit verbindlichen Ausbildungsordnungen, die Inhalte und Dauer der Ausbildung festsetzen und somit die Qualität der dualen Berufsausbildung sicherstellen. Die Regelungen betreffen dabei nicht nur den Lernort Berufsschule. Auch die Ausbildung in den Unternehmen unterliegt staatlichen Vorgaben, während in manch anderen Ländern – z. B. auch im Herkunftsland mancher Geflüchteten – die betrieblichen Ausbildungsinhalte allein im Ermessen der Unternehmen liegen.
Internationale Anerkennung von deutschen Ausbildungsabschlüssen
Das deutsche Ausbildungssystem genießt international nach wie vor einen hervorragenden Ruf. In Deutschland erworbene berufliche Abschlüsse haben in Europa und weltweit eine hohe Akzeptanz, die internationalen Karriereperspektiven sind hoch. Dies liegt vor allem in dem Erwerb einer hohen Fachkompetenz. Gerade im handwerklichen Bereich ist dies oftmals der Fall. Als ungelernte Kraft tut man sich hingegen deutlich schwerer, auf dem europäischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Kehren die jungen Geflüchteten eines Tages in ihr Herkunftsland zurück, haben sie auch dort mit einer deutschen Ausbildung sehr gute Perspektiven. Alle Informationen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen finden Sie auf dem Informationsportal der Bundesregierung anerkennung-in-deutschland.de.
Vielfalt der Berufe
In Deutschland gibt es aktuell etwa 330 anerkannte Ausbildungsberufe. Oftmals haben Ratsuchende bereits Vorstellungen und Wünsche, was ihren zukünftigen Berufsweg angeht. Hierbei handelt es sich allerdings häufig um „Trendberufe“. Diese Wünsche sind jedoch oft nicht umsetzbar, etwa aufgrund von fehlenden oder nicht ausreichenden Schulabschlüssen und/oder anderen fehlenden Kompetenzen. Aufgrund der Vielfalt an Ausbildungsberufen können Sie dennoch oft artverwandte Berufe vorstellen. Einen direkten Einblick in unterschiedliche Berufsfelder können Jugendliche z. B. im Rahmen von Unternehmensbesichtigungen gewinnen.
Verzahnung von Theorie und Praxis
Die duale Ausbildung an den beiden Lernorten Berufsschule und Betrieb verzahnt Theorie und Praxis optimal und hat auch psychologische Vorteile: Drei Jahre lang nur Theorie zu lernen, kann trocken sein. Bei der dualen Ausbildung wechselt man regelmäßig zwischen den Lernorten Schule und Unternehmen. Anders als in einer rein schulischen Ausbildung bietet die duale Ausbildung so die Möglichkeit, das im Unterricht Erlernte direkt praktisch umzusetzen. Das motiviert zum Lernen und steigert auch den Spaß an der Arbeit, da man sofort Ergebnisse sieht.
Verbesserung des Aufenthaltsstatus
Durch den Start in eine berufliche Ausbildung können junge Geflüchtete ihre Chancen auf einen gesicherten Aufenthaltsstatus stark verbessern. Dieser Vorteil einer Berufsausbildung lässt sich z. B. durch die „3+2-Regelung“ belegen: Menschen, die hier kein dauerhaftes Bleiberecht erhalten, aber aus unterschiedlichen Gründen Deutschland nicht verlassen (können), erhalten in der Regel eine Duldung. Diese kann sich zum Teil über einen Zeitraum von vielen Jahren erstrecken.
Mit dem Integrationsgesetz hat der Bundesgesetzgeber die Voraussetzungen dafür geschaffen, Unternehmen mehr Planungssicherheit zu geben und Geflüchteten eine Perspektive zu vermitteln.
Wenn sie eine Ausbildung beginnen und anschließend in dem erlernten Beruf arbeiten, können sie im Anschluss an die drei Ausbildungsjahre mindestens zwei weitere Jahre in Deutschland bleiben – selbst wenn der Asylantrag in der Zwischenzeit abgelehnt wird.
Eine wichtige Rolle beim Thema Aufenthaltsstatus spielen die Bundesagentur für Arbeit und die Ausländerbehörden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Website der Arbeitsagentur, auf der Website des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sowie bei Ihrer KAUSA Servicestelle.
Praxischeck
Eine duale Ausbildung lohnt sich! Wer in Deutschland aufgewachsen ist und Vorbilder in der eigenen Familie hat, weiß das. Doch jungen Geflüchteten sind das duale Ausbildungssystem und die Arbeitswelt in Deutschland nicht vertraut. So fällt es ihnen meist schwer, eine duale Ausbildung als Weg aus einer subjektiv oft perspektivarmen Situation zu begreifen.
Aus diesen Gründen sollte die Motivation für eine duale Ausbildung am Anfang jeder Beratung stehen.
Die Checkliste „Alle relevanten Themen angesprochen?“ kann dem Beratungspersonal dabei als Orientierungshilfe dienen.
PInformieren: Darstellung des dualen Ausbildungssystems
Warum Information wichtig ist – die Ausgangssituation
Den Begriff „Ausbildung“ haben viele der Geflüchteten bereits gehört. Was es aber bedeutet, eine duale Ausbildung zu absolvieren, wissen die meisten von ihnen nicht. Die Praxis zeigt, dass es viele Unklarheiten und Missverständnisse gibt:
- Gesicherterer Aufenthaltsstatus:
Die Praxis zeigt, dass manche Anwälte Geflüchteten raten, sich so schnell wie möglich in Ausbildung zu begeben und somit einen gesicherteren Aufenthaltsstatus zu erlangen.
- Sprachbarriere:
Geflüchtete haben es häufig aufgrund der Sprachbarriere und fehlenden muttersprachlichen Informationsmaterials schwer, sich selbst zu informieren. Zudem kennen sie die zuständigen Anlaufstellen oftmals nicht.
- Ausbildungsplatzvergabe:
Der Prozess der Ausbildungsplatzvergabe ist meist nicht bekannt. Häufig besteht der Irrglaube, dass Geflüchtete, die sich bei einer beratenden Institution (z. B. KAUSA Servicestelle oder Bundesagentur für Arbeit) melden, automatisch einen Ausbildungsplatz bekommen. Auch von der Konkurrenzsituation zwischen den Bewerberinnen und Bewerbern zeigen sich viele potenzielle Auszubildende überrascht.
- Schulische und berufliche Bildung:
Geflüchteten ist das duale System der schulischen und beruflichen Bildung in Deutschland in den meisten Fällen nicht bekannt. Der schulische Teil der Ausbildung wird den meisten verständlich erscheinen, während die aktive Rolle und Verantwortung der Unternehmen in der Ausbildung herausgestellt und umfassend erläutert werden müssen.
- Berufswünsche:
Bei der Berufswahl dominieren akademische bzw. stereotype Berufswünsche.
- Ausbildungsvergütung:
Vielen der Ratsuchenden ist nicht klar, dass während einer Ausbildung eine Ausbildungsvergütung gezahlt wird. Auch hier besteht immer wieder Aufklärungsbedarf.
Im Rahmen der Erstinformation und Sensibilisierung junger Geflüchteter sollten Beraterinnen und Berater auf diese Aspekte eingehen.
Wie Sie junge Geflüchtete über die duale Ausbildung informieren können
Für potenzielle Auszubildende ist es wichtig, über die Lernorte Unternehmen und Schule sowie über die sprachlichen Voraussetzungen Bescheid zu wissen. Auch eine erste Berufsorientierung kann im Rahmen der Erstinformation stattfinden.
Innerhalb der Ausbildung gibt es eine Reihe von Rechten und Pflichten, über die sich potenzielle Auszubildende klar sein sollten. Diese Informationen lassen sich auf ganz unterschiedliche Weise vermitteln.
Lernorte Unternehmen und Berufsschule
Im ersten Schritt müssen potenzielle Auszubildende die Dualität verstehen. Die Ausbildung verbindet theoretische und praktische Inhalte miteinander. Deshalb lernt man in der Ausbildung an zwei Orten, im Unternehmen – dem Ausbildungsbetrieb (Praxis) – und in der Berufsschule (Theorie), wobei sich beide Bereiche inhaltlich überlappen. In der Regel sind Auszubildende drei bis vier Wochentage im Unternehmen und ein bis zwei Wochentage in der Berufsschule.
Es sollte deutlich werden, dass der praktische Teil auf Grundlage der geltenden Ausbildungsordnung und eines betrieblichen Ausbildungsplans im Unternehmen umgesetzt wird. Der theoretische Teil der Ausbildung findet nach dem Rahmenlehrplan mit fachtheoretischem, fachpraktischem und allgemeinbildendem Unterricht in der Berufsschule statt. Sowohl in der Berufsschule als auch im Unternehmen gelten eigenständige, aber aufeinander abgestimmte Regelungen. Nach einer Ausbildungsdauer von zwei bis dreieinhalb Jahren – je nach Berufsbild – endet die duale Ausbildung mit einer Abschluss-/Gesellenprüfung vor der IHK oder HWK.
Eine gute Möglichkeit, Jugendliche frühzeitig über das duale Bildungs- und Ausbildungssystem zu informieren, sind sogenannte Bildungsforen.
Sprachliche Voraussetzungen
Ein wichtiger Aspekt ist die solide Beherrschung der deutschen Sprache. Viele junge Geflüchtete besuchen speziell für sie eingerichtete Schulklassen; dementsprechend ist der Unterrichtsstoff auf das Sprachniveau angepasst. Um eine duale Ausbildung aufzunehmen, reichen rudimentäre Kenntnisse der deutschen Sprache aber nicht aus. Die Erfahrung zeigt, dass sich Unternehmen eher an der Sprachpraxis orientieren und unzureichende Deutschkenntnisse teilweise auffangen können. Um fachtheoretisches Wissen in der Berufsschule aufnehmen zu können, benötigen junge Geflüchtete allerdings erfahrungsgemäß ein solides Grundwissen der deutschen Sprache (Niveaustufe B1, besser B2).
Vertiefte Berufsorientierung
Oft ist jungen Geflüchteten noch unklar, für welche Berufsrichtung sie sich interessieren. Manche junge Geflüchtete sind hingegen schon sehr genau auf einen Beruf festgelegt. Dabei handelt es sich zum Teil um recht stereotype Berufsbilder, die in Deutschland teilweise nur durch eine akademische Bildung angestrebt werden können. In diesem Fall gilt es festzustellen, ob dieser Berufswunsch erfolgversprechend ist, insbesondere hinsichtlich der Zugangsvoraussetzungen. Dazu gehören Schulabschluss und Sprachkenntnisse, aber auch eine evtl. im Ausland gesammelte Berufserfahrung, an die sich anknüpfen lässt. Neben den individuellen Aspekten spielen auch Zukunftsprognosen (Wunschberufe vs. Vielfalt, insbesondere Mangelberufe) eine Rolle.
Grundsätzlich sollten sich Beraterinnen und Berater nicht auf ein Berufsbild festlegen, sondern auch verwandte Berufe ins Gespräch miteinbeziehen. Bei akademischen Berufswünschen kann z.B. auf Ausbildungsberufe in derselben Branche verwiesen werden, z.B. auf den Beruf medizinische(r) Fachangestellte(r) statt Ärztin oder Arzt.
Gerade zweijährige Ausbildungsberufe können deshalb eine sinnvolle Option sein. Der Weg zum Berufsabschluss ist kürzer und die Anforderungen an die Auszubildenden sind oft geringer. Bei den meisten zweijährigen Ausbildungen ist aber eine Fortsetzung oder eine berufliche Weiterbildung möglich. Dabei kann der fachpraktische Inhalt einer möglichen dualen Ausbildung anhand von einzelnen Berufsbildern erklärt werden.
Als praktisches Hilfsmittel hierbei erweist sich das Lexikon der Ausbildungsberufe „Berufe Aktuell“ der Bundesagentur für Arbeit, abrufbar auf der Website Berufenet der Bundesagentur für Arbeit. Ebenso können folgende Internetportale zur Unterstützung herangezogen werden:
planet-berufe.de
ihk-lehrstellenboerse.de
berufe.net
entdecker.biz-medien.de/quiz
berufe.tv
Rechte und Pflichten
Auszubildende haben eine Reihe festgeschriebener Rechte und Pflichten während der Ausbildung. Vielen ist z.B. nicht klar, dass während einer Ausbildung eine Ausbildungsvergütung gezahlt wird. In diesem Zusammenhang kann auch auf die Höhe der Ausbildungsvergütung der verschiedenen Berufe eingegangen werden.
Praxischeck
Das duale Ausbildungssystem ist komplex – zumindest in der Wahrnehmung junger Geflüchteter. Nachdem die Motivation potenzieller Auszubildender sichergestellt ist, sollten sie sich auch mit den zentralen Charakteristika dualer Ausbildung auseinandersetzen. Erfahrungsgemäß sollten Beraterinnen und Berater mindestens die oben genannten Themenbereiche ansprechen, um die für eine Entscheidungsfindung nötige Wissensbasis zu legen.
In Beratungssituationen kann die Checkliste „Alle relevanten Themen angesprochen?“ als Orientierungshilfe dienen.
Unterstützen: Wege in die Ausbildung
Warum Unterstützung wichtig ist – die Ausgangssituation
Das Wissen von Geflüchteten über die Wege in Ausbildung ist oftmals unvollständig, beruht teilweise auf Hörensagen oder Falschinformationen.
Die Vorstellung des dualen Ausbildungssystems und seiner Wege im Rahmen der Erstinformation ist wichtig, um aufzuzeigen, welche beruflichen Möglichkeiten der oder die Teilnehmende durch das Absolvieren einer Ausbildung hat.
Zudem sind jungen Geflüchteten häufig die Unterstützungsangebote sowie die Zeiträume und Stichtage auf dem Weg in die Ausbildung unbekannt. Um für sie Leerläufe und Wartezeiten zu verringern, ist es wichtig, sie über gängige Zeitfenster für Bewerbungsphasen und Ausbildungsbeginn zu informieren sowie gemeinsam einen „Fahrplan“ aufzustellen.
Junge Menschen haben häufig unklare Vorstellungen über ihre Zukunft. Wichtig ist deshalb auch, dass junge Geflüchtete die Gelegenheit erhalten, ihre Vorstellungen und Wünsche darzulegen. Beraterinnen und Berater können im Anschluss gezielter nach beruflichen Vorerfahrungen fragen und Wege in die Ausbildung vorstellen.
Sie berücksichtigen die vorhandenen Erfahrungen und Kompetenzen, schätzen die sprachlichen und kommunikativen Möglichkeiten ihres Gegenübers ein und empfehlen daraus ableitend den „optimalen“ Weg in das Ausbildungssystem.
Zwischen Selbst- und Fremdbestimmung
Stärker noch als bei deutschen Jugendlichen liegt die Entscheidungshoheit zur Berufswahl bei Geflüchteten oft im familiären Bereich, z. B. bei den Eltern oder Verwandten. Da sich viele Geflüchtete alleine, ohne ihre Familie oder Eltern, in Deutschland befinden, ist es wichtig, die eigene Entscheidungsfähigkeit zu stärken. Dazu müssen die Wege in Ausbildung transparent und verständlich sein. Das Ziel besteht darin, Geflüchtete in die Lage zu versetzen, selbstbewusst eigene Entscheidungen bei der Berufsorientierung und Berufswahl zu treffen.
Wie Sie junge Geflüchtete bei ihrer Entscheidungsfindung unterstützen können
Um junge Geflüchtete bei ihrer Entscheidungsfindung zu unterstützen, hat sich die Kombination aus Analyse und Beratung als sinnvoll erwiesen: So gilt es zum einen, die Voraussetzungen der potenziellen Auszubildenden zu identifizieren; zum anderen müssen die Wege in Ausbildung aufgezeigt werden – wobei die Reihenfolge je nach Beratungssituation unterschiedlich sein kann. Falls bisher nicht geschehen, sollte an dieser Stelle auch eine Berufsorientierung stattfinden.
Voraussetzungen von jungen Geflüchteten
Bei der Berufswahl ist es hilfreich, auf den vorhandenen Kompetenzen, auf den Berufserfahrungen aus den Herkunftsländern und ggf. auf bereits in Deutschland erworbenen Kenntnissen aufzubauen. Die vorhandene Berufserfahrung wird erfahrungsgemäß erst im Gespräch und durch mehrmaliges und „breites“ Nachfragen beim jungen Geflüchteten identifiziert. Folgende Fragestellungen sind hilfreich:
- Was haben Ihre Eltern gearbeitet?
- Haben Sie Ihren Eltern/Ihrer Familie geholfen?
- Haben Sie auf dem Weg nach Deutschland auch gearbeitet?
- Haben Sie in den letzten Monaten bereits ein Praktikum absolviert?
In diesem Rahmen ist es auch wichtig, die sprachlichen Möglichkeiten einzuschätzen.
Um die Voraussetzungen junger Geflüchteter zu identifizieren und festzuhalten, hat die KAUSA Servicestelle Hagen ein Bewerbungsprofil in Leichter Sprache entwickelt.
Verschiedene Wege in die Ausbildung
Grundsätzlich gibt es drei Wege für eine berufsbezogene Ausbildung in Deutschland: die duale Berufsausbildung, die Ausbildung an Berufsfachschulen/Schulen des Gesundheitswesens sowie das Hochschulstudium an Universität oder Fachhochschule. Formal ist es auch Menschen ohne Schulabschluss möglich, eine Ausbildung zu absolvieren. Im Beratungsgespräch sollte erläutert werden, welche Wege im Einzelfall infrage kommen. Dazu gehören in erster Linie Praktika und die Einstiegsqualifizierung (EQ).
Je nach Bundesland gibt es unterschiedliche Wege in die Ausbildung. Welch wichtige Rolle die KAUSA Servicestellen dabei spielen, schildert z. B. der Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau im Interview mit jobstarter.de.
Praktikum
Praktikum, Einstiegsqualifizierung und Bundesfreiwilligendienst
Da die Vorstellungen junger Menschen häufig nicht den tatsächlichen Berufsbildern entsprechen, sollten auf jeden Fall Probearbeitstage und ein Praktikum in dem gewünschten Berufsbild empfohlen werden. Bei Praktika ist eine Dauer von vier Wochen empfehlenswert.
Die Praktikanten erfahren so, was im jeweiligen Beruf und in der Ausbildung auf sie zukäme, und können außerdem unterschiedliche Unternehmenskulturen kennenlernen. Ein Praktikum bietet außerdem die Möglichkeit, das Unternehmen von sich zu überzeugen und somit eine Ausbildungsstelle in dem gewünschten Beruf zu finden.
Achtung: Wenn der/die Geflüchtete keine Aufenthaltserlaubnis besitzt, ist normalerweise die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit und der Ausländerbehörde notwendig. Handelt es sich um ein Kurzpraktikum, muss nur die Bundesagentur für Arbeit zustimmen.
Ein erfolgreiches Praktikum erhöht die Chancen auf einen Übergang in die Ausbildung. Daher ist es wichtig, die Praktikanten möglichst gut auf das Praktikum vorzubereiten. Die KAUSA Servicestelle Hagen hat dafür den „Workshop Praktikumsknigge“ entwickelt, der die Teilnehmenden durch praktische Rollenspiele auf unterschiedliche Situationen im Praktikum vorbereitet.
Ein weiterer Weg in die duale Ausbildung ist der Weg über eine Einstiegsqualifizierung (EQ). Dabei handelt es sich um ein Langzeitpraktikum mit dem Ziel der Übernahme in Ausbildung. Die Einstiegsqualifizierung dient der Vermittlung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit. Das heißt, dass bereits vor Ausbildungsbeginn erstes fachtheoretisches Wissen in der Berufsschule erlernt und erste praktische berufsspezifische Erfahrungen im zukünftigen Ausbildungsbetrieb gesammelt werden. Die sogenannte Einstiegsqualifizierung Plus (EQ Plus) kombiniert eine Einstiegsqualifizierung mit ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH). Auszubildende erhalten wöchentlich zwischen drei und acht Stunden Unterstützung, z. B. als Nachhilfe oder Sprachunterricht.
Die Einstiegsqualifizierung dauert mindestens sechs und maximal zwölf Monate. Eine Anrechnung auf die Ausbildungsdauer ist möglich. Zu beachten ist, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einer EQ bereits eine finanzielle Zuwendung erhalten.
Eine vereinbarte Einstiegsqualifizierung impliziert nicht gleich einen abgeschlossenen Ausbildungsvertrag. Sie ist deshalb ein gutes und risikoarmes Instrument, um herauszufinden, ob die potenziellen Auszubildenden und das Unternehmen bzw. das Berufsbild zueinander passen.
Der Bundesfreiwilligendienst (BFM oder umgangssprachlich „Bufdi“) bietet jungen Menschen eine gute Möglichkeit, praktische Erfahrungen zu sammeln und Kontakte zu ausbildenden Unternehmen zu knüpfen. Zugang haben Asylberechtigte und Asylbewerberinnen und Asylbewerber, bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist; ein Mindestschulabschluss ist nicht nötig. Bei Bedarf sind zu Dienstbeginn vierwöchige Intensivsprachkurse sowie einsatzbegleitende Maßnahmen zur Erlangung/Verbesserung deutscher Sprachkenntnisse möglich.
Praxischeck
Junge Geflüchtete bringen ganz unterschiedliche Voraussetzungen mit nach Deutschland – in Bezug auf persönliche Vorlieben, auf die schulische Bildung, auf berufliche Erfahrungen und auf vorhandene Kompetenzen.
Damit die Ausbildung ein Erfolg werden kann, muss sich der Weg dorthin an all diesen Voraussetzungen orientieren. Er sollte im Beratungsgespräch gemeinsam entwickelt werden und in eine Entscheidung durch die Geflüchteten selbst münden.
Praxisbeispiele
Praxisbeispiel 1: Ansprache junger Geflüchteter
Das Ziel
Um jungen Geflüchteten zum Ausbildungserfolg zu verhelfen, müssen Sie zunächst mit ihnen in Kontakt treten. Im Gespräch selbst wird es Ihnen helfen, Ihr Gegenüber adressatengerecht anzusprechen. Auch machen es Ihnen andere kulturelle Hintergründe, eigene Erfahrungen und Sprachprobleme auf Seiten der Geflüchteten oftmals schwer, Inhalte zu vermitteln. Zur Überwindung dieser Hindernisse haben die KAUSA Servicestellen Hagen und Bonn/Rhein-Sieg unterschiedliche Ansätze erprobt; auch mit der Einbindung bereits vorhandener Informationsangebote wurden gute Erfahrungen gemacht.
Die Maßnahme
Ins Gespräch kommen: Gehen Sie dorthin, wo sich die Zielgruppe befindet, z. B. zu Migrantenorganisationen, in Moscheevereine, in Willkommens- oder Kulturzentren. Nutzen Sie dabei „Türöffner“, um mit der Zielgruppe in Kontakt zu treten, z. B. durch die Teilnahme an Veranstaltungen wie zum Beispiel Integrationskursen. Falls möglich, beziehen Sie Eltern in Informationsveranstaltungen und teilweise in Beratungsgespräche mit ein. Hier können Sie auch auf den KAUSA Elternratgeber verweisen, der in 16 Sprachen erschienen ist und viele hilfreiche Informationen bereithält.
Machen Sie aber deutlich, dass es sich letztlich um eine Entscheidung des jungen Menschen selbst handelt.
Beratung an einem ganz besonderen Ort bietet etwa die KAUSA Servicestelle Bonn/Rhein-Sieg an: Am Fußballplatz des Bonner SC stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für alle Fragen zum Thema Ausbildung zur Verfügung. Wie genau das funktioniert, erfahren Sie in der Multimediareportage „Das etwas andere Training“.
Einfache Sprache verwenden: Klären Sie das Sprachniveau zu Beginn des Gesprächs, um in der Auswahl von Informationen und Beispielen sicherer zu sein. Nutzen Sie dabei, wenn möglich, die Muttersprache des Gegenübers vor allem zum Vertrauensaufbau oder um schwierige Sachverhalte oder Chancen erläutern zu können. Wählen Sie generell eine klare und bildhafte Sprache und verwenden Sie eine einfache Sprache. Als besonders hilfreich hat sich die sogenannte Leichte Sprache erwiesen.
Inhalte vermitteln: Setzen Sie bei Bekanntem an und klären Sie detailliert darüber auf, was die künftigen Auszubildenden erwartet. Zeigen Sie die Chancen einer dualen Ausbildung anhand von konkreten Vorbildern auf, gern auch von Menschen mit Einwanderungsgeschichte (Vorbildfunktion). Nutzen Sie auch Beispiele prominenter Unternehmerinnen und Unternehmer, die eine Ausbildung gemacht haben. Legen Sie Wert auf das Erleben von Berufen/Berufsfeldern und greifen Sie auf bildhafte Darstellungen mit Animationen zurück.
Informationsangebote nutzen: Nutzen Sie bereits vorhandene Materialien der für die duale Ausbildung zuständigen Stellen wie z. B. der Bundesagentur für Arbeit, der Industrie- und Handelskammer sowie der Handwerkskammer. Im Berufsinformationszentrum der Bundesagentur für Arbeit können junge Geflüchtete sich über das duale Ausbildungssystem und über Ausbildungsberufe informieren. Durch die Teilnahme an Veranstaltungsformaten wie z. B. Ausbildungsmessen, Tage der offenen Tür in Unternehmen oder an Berufsschulen können sich junge Geflüchtete informieren und Kontakte knüpfen.
Nutzen Sie bestehende regionale Formate der Berufsorientierung (regionale Ausbildungsmessen, Berufsfelderkundungen, Berufeparcours, Aktionen der Agentur für Arbeit oder von Branchenverbänden etc.) und kümmern Sie sich ggf. um Sprachmittler. Über die Teilnahme an solchen Veranstaltungen können Geflüchtete ihre Ausbildungsentscheidung vertiefen und Kontakte zu Betrieben knüpfen.
Als Berater bzw. Beraterin sollten Sie über Informationen und Netzwerkkontakte zu verwandten Themen verfügen, z. B. zum Aufenthaltsrecht oder zur Anerkennung des im Ausland erworbenen Abschlusses.
Praxisbeispiel 2: Unternehmensbesichtigungen
Das Ziel
Wenn Unternehmen potenzielle Ausbildende zu sich einladen, hat das viele Vorteile – so die Erfahrung der KAUSA Servicestelle Gießen: Junge Menschen können sich einen ersten Einblick in verschiedene Berufsbilder und Unternehmen verschaffen. Oftmals hilft der direkte Kontakt zu Auszubildenden in verschiedenen Lehrjahren auch bei der persönlichen Entscheidung. Gleichzeitig können sich die Unternehmen selbst vorstellen und sich als mögliche Ausbildungsbetriebe präsentieren.
Die Maßnahme
Ein in der Praxis bewährtes Format sind Unternehmensbesichtigungen. Die Veranstaltungen dauern etwa zwei Stunden und eignen sich für bis zu 20 Teilnehmende. Meist präsentieren Unternehmensvertreter bzw. -vertreterinnen (oft sind das die Ausbildungsleiterinnen bzw. -leiter) kurz und anschaulich ihr Unternehmen. Daran schließt sich ein Rundgang durch das Unternehmen und die Präsentation unterschiedlicher Bereiche an. Auf diese Weise bekommen die Teilnehmenden einen Einblick in das Unternehmen und in die angebotenen Ausbildungsberufe.
Grundsätzlich ist die Veranstaltung zur Anmeldung für alle interessierten Geflüchteten offen, hauptsächlich nehmen daran allerdings Schülerinnen und Schüler der Intensiv-Deutschklassen teil.
In diesem Fall werden das jeweilige Unternehmen und die entsprechenden Ausbildungsberufe vorab durch die Schulsozialarbeiterinnen bzw. -arbeiter in den Klassen vorgestellt, damit interessierte Schülerinnen und Schüler bereits Fragen sammeln können.
Praxisbeispiel 3: Bildungsforum
Das Ziel
Um junge Geflüchtete frühzeitig über das duale Bildungs- und Ausbildungssystem zu informieren, hat die KAUSA Servicestelle Hamburg gemeinsam mit dem Deutsch-Iranischen Akademikerbund (diab) das Format „Bildungsforum“ entwickelt. Ziel ist es, den jungen Geflüchteten, deren Eltern und Betreuerinnen bzw. Betreuern mehrsprachig einen hürdenfreien und frühzeitigen Zugang zu Informationen über das duale Berufsausbildungssystem am Beispiel ausgewählter Berufsbilder zu ermöglichen.
Die Maßnahme
Die Veranstaltungen finden mehrsprachig statt (auf Englisch, Dari, Persisch und Arabisch). Um komplizierte Sachverhalte – beispielsweise das Bildungssystem oder den Stellenwert der beruflichen Ausbildung – zu vermitteln, hat sich die Verwendung der Muttersprache junger Geflüchteter sehr gut bewährt. Die Informationen vermitteln unterschiedliche Akteurinnen und Akteure aus der Praxis. Dazu zählen Schulleiterinnen und Schulleiter, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, Betreuerinnen und Betreuer sowie Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen und Innungen/Kammern.
Die Veranstaltung beginnt mit vier jeweils rund 20 Minuten langen Vorträgen zum Schulsystem, zum Ablauf der dualen Ausbildung, zu Studienmöglichkeiten und zum Übergang Schule-Beruf-Arbeit. Die auf Deutsch gehaltenen Vorträge werden von Dolmetscherinnen und Dolmetschern übersetzt.
Im Anschluss werden in sechs „Expertenräumen“ jeweils drei Berufe aus einer Berufsgruppe vorgestellt. Zu den Berufsgruppen zählen das Gesundheitswesen, Technik, Bau, Handel und Dienstleistungen, Hotel/Tourismus/Gastronomie sowie das Handwerk. Pro Expertenraum gibt es drei Durchgänge, sodass jeder Teilnehmende am Bildungsforum Einblicke in neun Berufe aus drei unterschiedlichen Berufsgruppen erhält.
Praxisbeispiel 4: Bewerbungsprofil in Leichter Sprache
Das Ziel
Zu Beginn des ersten Beratungsgesprächs ist es wichtig, sich eine übersichtliche Informationsgrundlage zu verschaffen. Gleichzeitig ist es sinnvoll, sich auf schnelle und einfache Weise einen Eindruck von den Deutschkenntnissen des bzw. der jungen Geflüchteten zu verschaffen. Für diese Zwecke hat die KAUSA Servicestelle Hagen ein leicht anzuwendendes Instrument entwickelt: das Bewerbungsprofil in Leichter Sprache.
Die Maßnahme
Das Bewerbungsprofil in Leichter Sprache ist ein kurzer Steckbrief, den die zu beratende Person selbstständig ausfüllen soll. Auf vier Seiten werden die persönlichen Daten, Angaben zur schulischen und beruflichen Bildung und Berufserfahrung sowie weitere Angaben abgefragt. Aufgrund der verwendeten Leichten Sprache kann ein großer Teil der jungen Geflüchteten die Fragen zumindest teilweise beantworten. Treten dennoch Verständnisprobleme auf, können Sie beim Ausfüllen helfen. Im Gespräch dient Ihnen das Bewerbungsprofil als eine gute Orientierung und Grundlage zur Gestaltung des beruflichen Wegeplans.
Zudem fördert das selbstständige Ausfüllen die Selbstbestimmtheit und Sie erhalten einen ersten Eindruck über die Schreibfertigkeiten. Das Bewerbungsprofil in Leichter Sprache ist jedoch kein Ersatz für einen individuellen Lebenslauf, der dann mit einer Bewerbung eingereicht werden soll.
Praxisbeispiel 5: Workshop „Praktikumsknigge“ für junge Geflüchtete
Das Ziel
Junge Menschen, die ein Praktikum anstreben, haben oft noch keine oder nicht ausreichend Erfahrung in einem Unternehmen gesammelt. Der „Workshop Praktikumsknigge“ der KAUSA Servicestelle Hagen bereitet zukünftige Praktikantinnen und Praktikanten spielerisch und binnen kurzer Zeit auf Situationen vor, die sie in einem Unternehmen typischerweise erwarten können. Nach der Veranstaltung können Beraterinnen und Berater zudem die Sprachkenntnisse der Teilnehmenden besser einschätzen. Dabei ist der Organisationsaufwand gering.
Die Maßnahme
Der „Workshop Praktikumsknigge“ ist eine handlungsorientierte Veranstaltung in Form eines Workshops. Der rund 90-minütige Workshop besteht aus einem kurzen Einstieg, verschiedenen Rollenspielen und einem „Abschluss-Blitzlicht“. Während des rund 70-minütigen Hauptteils erleben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unterschiedliche Situationen, auf die sie während ihres Praktikums stoßen können. Dazu zählen die Begrüßung und Vorstellung im Betrieb, die Krankmeldung, die Artikulation von Fragen oder Problemen sowie das Kundengespräch.
Dabei beobachten die Teilnehmenden, wie die Referentinnen und Referenten typische Situationen im Rollenspiel darstellen, schlüpfen aber auch selbst in die Rolle von Vorgesetzten, Praktikantinnen bzw. Praktikanten und Kundinnen bzw. Kunden.
Bei Bedarf werden Hilfestellungen angeboten, um die Teilnehmenden in ihrer Spielweise zu unterstützen, und jedes Rollenspiel wird mit einer Reflexion und Zusammenfassung abgeschlossen.